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"Kult, Idole, Stars - Visualisierungen von Verehrungsformen"

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Heldenkult. Visualisierungsformen politischer Religion und ihre Kritik in der Moderne

Elke Frietsch, Kunstgeschichte

Assistentin am Institut für Kunstgeschichte, Universität Wien

In Folge zunehmender Säkularisierung seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert wurde die klassische Inszenierung siegreicher Helden fragwürdig. An ihre Stelle traten nicht selten handlungsunfähige Helden, negative Helden und Antihelden. Gleichzeitig wurde immer wieder der Versuch unternommen, alte Idealvorstellungen, die sich an das Heldentum knüpften, für die staatliche Repräsentation wiederzubeleben. Die neuerlichen Glorifizierungen des Heldischen legitimierten sich oft im Rückgriff auf antike Ideale sowie religiöse Vorstellungen und Motive, die in säkularisiertem Gewand in die politische Repräsentation eingebunden wurden.

Ich werde zunächst das Fragwürdigwerden des Helden im ausgehenden 18. Jahrhundert veranschaulichen, um dann auf Visualisierungen idealisierten Heroentums einzugehen. Das Menschenopfer für den Staat wurde in der Neuzeit zuerst in der Französischen Revolution fundamental eingefordert. Im Anschluss an den Historiker Wolfgang Schmale bezeichne ich die säkulare Religion der Französischen Revolution als politische Religion, die – den politischen Religionen des 20. Jahrhunderts vergleichbar – sakrale Ewigkeitsversprechen vom Jenseits ins Diesseits verlagerte. Ich werde skizzieren, mit welchen symbolischen Verweisungsstrategien die alten Ewigkeitsversprechen des Heldentums auf absolute Diesseitigkeit hin ausgerichtet wurden. Nachdem in der Revolution die Verfassung an die Stelle von Religion, Kirche und Königtum getreten war und diese in ihrem Absolutheitsanspruch selbst sakralisiert wurde, kam es zu einer Verallgemeinerung des heldischen Subjekts im Volk. Die alten Heldenbilder wurden zerstört und im Glauben an die ‚ewigen Gesetze‘ der Natur neue Bilder des Heldischen errichtet. Wie zeigte sich die Ablösung von Kirche, Religion und König durch den Absolutheitsanspruch der Wahrheit, Gerechtigkeit und Vernunft im Bereich des Visuellen? Anhand des Motivs des ‚Opfertodes für das Vaterland‘ werde ich die Weiterführung von in der Zeit der Französischen Revolution eingesetzten Bildsprachen und Argumentationsmustern in Heldeninszenierungen des 20. Jahrhunderts thematisieren: Auf welche Weise beziehen sich die Verehrungsformen auf kunsthistorische Vorbilder und wie versuchen sie die Fragwürdigkeit des Helden in der Moderne zu überwinden? Es zeigt sich, dass der politische Heldenkult nun zunehmend auf Inszenierungsformen von Idolen und Stars zurückgreift, wie sie in der Populärkultur üblich sind. Da sowohl das Fragwürdigwerden des Helden als auch seine neuerliche Glorifizierung und Einbindung in politische Ideale ihren Ausdruck oft in der Inszenierung der Geschlechterdifferenz fanden und finden, nehme ich das Zusammenspiel von politischer Religion, Naturalisierung und Kategorie Geschlecht besonders in den Blick.

 

Die Sophienkirche in Sofia – Kontinuität des Kultortes und seine Inszenierung

Galina Fingarova, Kunstgeschichte

Assistentin am Institut für Kunstgeschichte, Universität Wien

 

Der Personenkult am Heiligengrab – Formen und Funktion der Verehrung im spätmittelalterlichen Kontext

Costanza Cipollaro, Kunstgeschichte

Assistentin am Institut für Kunstgeschichte, Universität Wien

Miracolorum signa post mortem. Das Wunder am Heiligengrab und seine Visualisierung im italienischen Spätmittelalter

Mein Beitrag präsentiert Überlegungen zur Konstruktion von Sakralität am Beispiel von Wunderdarstellungen an italienischen Heiligengräbern des 14. und 15. Jahrhunderts. Dabei soll eine historisch orientierte Methodik mit visuellen bzw. ikonographischen Ansätzen zusammengeführt werden, um die kultische Funktion solcher Wunderdarstellungen für die städtischen, sich der Fortwirkung der von den jeweiligen Reliquien ausgehenden Heilswirkung vergewissernden Gesellschaften Italiens zu analysieren.

 

Veronika Decker, Kunstgeschichte

Assistentin am Institut für Kunstgeschichte, Universität Wien

Visualisierung von Heiligenverehrung am Schrein des Thomas Becket in Canterbury

Das Anliegen des Vortrags ist es, die bisher kaum in den Blick genommenen Verehrungsspuren am mittelalterlichen Reliquienschrein am Beispiel des Thomas Becket in der Kathedrale von Canterbury zu untersuchen. Anhand von Text- und Bildquellen wird rekonstruierbar, wie Heiligenverehrung im England des 13. und 14. Jahrhunderts in dargebrachten Gaben und ex votos materielle Form annehmen konnte. These des Beitrags ist, dass diese mit bildhaften Zeichen operierende Verehrungspraxis kollektiv am Grabmal visuell inszeniert wurde - dies mit ästhetischen Konsequenzen: es kommt zu einer kultbedingten Transformation des Heiligengrabes.

 

Visualisierung von Verehrungsformen im Mittelalter auf dem Balkan

Svetlana Smolić, Kunstgeschichte

Doktorandin am Institut für Kunstgeschichte, Universität Wien

Im Rahmen der byzantinischen und mittelalterlichen Kultur auf dem Balkan wurde der Visualisierung von Verehrungs-Objekten, die aus dem Kult der Wundertätigkeit, der Verehrung von wundertätigen Ikonen und Reliquien und der heiligen Orte stammt, besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Grundlage für die Erforschung der Gestaltung der Kultur der Verehrung bilden mittelalterliche schriftliche Quellen sowie die Objekte der visuellen Kultur.

Das Phänomen der Wunderverehrung wird am Beispiel der verschiedenen Strukturen visueller Kultur analysiert. Als erstes wird die spezifische architektonische Konstruktion innerhalb der Kirche des Hl. Prohor von Pčinja (11. - 14. Jh) in der Nähe von Vranje und der Gottesmutterkirche Matejče (14. Jh) in der Nähe von Kumanovo, besprochen, dann die Verehrung der wundertätigen Reliquien des Hl. Prohor, bzw. der wundertätigen Ikone der Gottesmutter „Crnogorska".

Felsikonen, die eine sakrale Topographie und Heilige Landschaft auf dem Weg zum Kloster gestalten, stellen eine weitere Form der Visualisierung von Verehrung dar. Das Beispiel der sakralen Topographie des Klosters der Gottesmutter von Treskavac (13. - 14. Jh) in der Nähe von Prilep, mit den Felsikonen, zeugt von dieser Praxis, die auf dem Balkan seit dem Mittelalter existiert. Die Felsmalerei und die Ikonographie werden mit der wundertätigen Ikone der Gottesmutter von Treskavac und der Erinnerung an das wundertätige Ereignis in Verbindung gebracht.

 

Visualisierung von Verehrung im antiken Griechenland – Möglichkeiten und Grenzen der Forschung

Marion Meyer, Klassische Archäologie

Professorin für Klassische Archäologie am Institut für Klassische Archäologie, Universität Wien 

Verehrung im kultischen und auch im profanen Bereich wurde im antiken Griechenland geläufig in Formen visualisiert, die visuell erfahrbar und darstellbar waren und damit Chancen haben, archäologisch erfaßbar zu sein.

An einem Fallbeispiel werden Möglichkeiten und Grenzen der Forschung dargestellt: Aus baulichen, bildlichen und schriftlichen Quellen ist zu rekonstruieren, dass in Athen die Verehrung der Stadtgöttin Athena seit ca. 570/60 v.Chr. aufwendiger inszeniert wurde als früher (Neuorganisation des Stadtfestes) und dass seit dieser Zeit bestimmte Aspekte der Göttin betont wurden (die aus dem Haupt des Vaters Zeus "geborene" Göttin, die Vorkämpferin im Kreise olympischer Gottheiten). Die früheren Verhältnisse sind allerdings äußerst schlecht zu fassen. Aus der Kultgemeinschaft mit mythischen Figuren, die für die Uranfänge Athens stehen, und aus der mythischen Überlieferung, die diese Kultgemeinschaft begründet, ist m.E. zu schließen, dass in der frühen Eisenzeit andere, die soziale Ordnung im Rahmen einer Hausgemeinschaft betreffende Aspekte der Göttin für die Athener von Interesse waren.

 

Schrift:

Forschungsschwerpunkt der
Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät
Universität Wien
c/o Univ. Prof. Dr. Marion Meyer
Institut für Klassische Archäologie
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